Just Another Ant
Monday, 16. September 2002
"Sopranos"

In Amerika beginnt die 4. Staffel der Serie "The Sopranos". Die Kritiker haben davon bereits die ersten vier Episoden sehen können und betonen die Düsterkeit dieser neuen Folgen.
Die New York Times hatte in den letzten Tagen einen "Sopranos" Schwerpunkt:
[NYT Mob Life Resumes, Darker by the Day]
[NYT Deconstructing 'The Sopranos' (Nicht besonders wohlwollende Rezension von Büchern über die Serie)]

In Is Tony Soprano Today's Ward Cleaver? glaubt die NYT einen Grund für den Erfolg der "Sopranos" herausgefunden zu haben:

"[...] much of the appeal of "The Sopranos" arises from the reassuringly traditional, even conservative moral views of its characters."

Als Affirmation konservativer Moralvorstellungen habe ich die Serie nie gesehen. Vor der Folie ihrer Verbrechen erscheinen die kleinbürgerlichen Ansichten der Figuren eigentlich nur noch gespenstischer. Bei mir ist das also eher als Kritik an der Familienideologie angekommen. Interessant, daß eine (ansonsten nicht schlechte) "Salon"-Rezension ["Everything comes to an end"] die Lesart der NYT zu bestätigen scheint. Überraschenderweise macht nämlich Carina Chocano "rampant individualism" als einen der Faktoren für den sich abzeichnenden Niedergang der Soprano-Familie aus!

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Saturday, 14. September 2002
Bloombox

Amüsanter Generalangriff auf den Kritiker Harold Bloom von Jason Epstein. Zitate:

In an interview in the Paris Review, he declared that he never revises his prose, and nothing in his work refutes this impressive claim.
[...]
One has the sense that everything Bloom writes he has probably said before, scores, perhaps hundreds of times, to students; it all comes out of that great booming Bloombox, the academic equivalent of a great Boombox, but this one with no Off switch and no control whatsoever over the volume.
[...]
The mystery is that Harold Bloom, for all his nearly perfect unreadability, today finds himself in that small but lucky elite of writers whose books sell without being actually read. I have been plowing my way through Shakespeare: The Invention of the Human for weeks now, and I can only report that it is difficult to imagine anyone reading through it who has not been paid to write about it. The Shakespeare book, too, has a large, useless idea at its center—namely, that Shakespeare invented our feelings and way of feeling and so, through his plays, invented (or, as Bloom sometimes says, “reinvented”) human personality. Reading Bloom on this point is, as John Carey, writing in the Times of London, puts it, “like chatting with an acquaintance and gradually realizing he believes death rays are issuing from his television screen.”

Das ist schon witzig aber, wie das bei solchen Totalabrechnungen meistens der Fall ist, auch ungerecht. Obwohl...das Gerede von "Gender- und Powerfreaks" (diesen Ausdruck gebraucht er an anderer Stelle) nehme ich Bloom schon etwas übel.

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Alan Moore Interview (TCJ)

(Comic-)Autor Alan Moore wird von Gary Groth interviewt. The Comics Journal hat MP3-Ausschnitte davon. [TCJ Audiotape Archive]

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Thursday, 12. September 2002
New York Review of Books - Irak Dossier

Die aktuelle New York Review of Books hat ein Irak/Golfkrieg II Spezial. Bereits gelesen habe ich den Artikel The Gulf War Reconsidered (1992), in dem u.a. die Grenzziehungen ("The story is bizarre") zwischen Kuwait, Irak und Saudi-Arabien durch den britischen Hochkomissar Cox im 1922 geschildert werden. Zitat:

"It is necessary to take these historical roots into account because they left such an explosive legacy in the Gulf region—the Iraqi quest for a coastal outlet, the obstruction of the Kuwaiti barrier islands of Warba and Bubiyan, the dispute over Kuwait's exploitation of the Rumaila oil field, the precarious borders, the pocket-sized Gulf emirates [...] Thus there was more to Saddam Hussein's attempt to annex Kuwait than one man's evil character."

Timothy Garton Ash [Conversations with History/NYRoB Index/NYT Über Amerika] argumentiert ("reluctantly yet decidedly") in The Gulf in Europe (1991)für die Rechtmäßigkeit des zweiten Golfkriegs:

"[...]because the aim of getting Saddam out of Kuwait is both just and important, and no other means are likely to achieve it, because there are things that sanctions can do, such as getting Adam Michnik or Nelson Mandela out of prison, and things that, on balance, they seem unlikely to do, such as getting Saddam Hussein out of Kuwait [...]"

(Naturgemäß sieht William Blum das in seinem bekannten und bekannt polemischen Buch "Killing Hope: U.S. Military and CIA Interventions Since World War II" ganz anders und titelt das entsprechende Kapitel mit "Desert Holocaust" .

Anmerkung: Ich glaube, daß man mit dem Begriff "Holocaust" doch vorsichtiger umgehen sollte.)

Der aktuelle Essay George Bush & the World ist bemerkenswert, weil die wenig durchdachten (und höchstens in ihrem unsympathischen Kern konstanten) Positionen der amerikanischen Regierung konzise geschildert werden. Außerdem erinnert er einen daran, welche Leute heute in den USA das Sagen haben.

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Wednesday, 11. September 2002
Das liebe Geld


The Financial Fiction Genre von Roy Davies.

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"Kleines Lexikon der Sprachen" (1)

...und "Lexikon der untergegangenen Sprachen" (2), beide von Harald Haarmann.
(1) + (2) [taz Rezension]
(1) [Perlentaucher Pressespiegel]
(2) [NDR Google html]

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Sunday, 8. September 2002
Fred Camper

...schreibt regelmäßig über Avantgardefilm für den Chicago Reader (zuletzt: über Alexander Sokurov). Auf seiner Homepage findet man u.a. eine umfangreiche Linkliste zu Stan Brakhage und ältere Texte aus dem ansonsten kostenpflichtigen Archiv des "Chicago Reader". (Z.B. eine Rezension der Brakhage Dokumentation von Jim Shedden, die vor zwei oder drei Monaten in den ORF-Kunststücken zu sehen war).

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PSU's Electronic Classics Site

Klassiker im pdf-Format. Gefunden durch einen Hinweis in de.rec.buecher.

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"Freaks and Geeks"

Joyce Millman im "Salon Magazine" über die TV-Serie "Freaks and Geeks" [In with the out crowd /Give "Freaks" a chance], deren Ausstrahlung nach einer Unterbrechung vom österreichischen Fernsehen wieder aufgenommen wird. Der deutsche Titel ist, wie so oft in diesen Fällen, wenig befriedigend: "Voll daneben, voll im Leben". Nächste Folge: ORF1 Samstag 14.9. 12:00/Sonntag 15.9 5:10
Die offizielle Homepage soll bald (1.Oktober) aus dem Netz genommen werden.

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Saturday, 7. September 2002
Laughtons "The Night of the Hunter"

Peter Merholz schreibt in seinem unaufgeregten Weblog (Schwerpunkt: Informationsdesign) über Charles Laughtons "The Night of the Hunter" [PeterMe Laughton]

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Tuesday, 3. September 2002
"Christploitation"

Im "Salon Magazine": Ein Artikel über das "wacky parallel universe" christlicher "Exploitation" Filme. Gut geschrieben, obwohl diese Subkultur natürlich ein leichtes Ziel ist. Komisch (die hanebüchenen Plots) und traurig (daß sich Leute wie Judd Nelson und Margot Kidder für so etwas hergeben).

Zitat des Tages:

"Note to self...Religion: freaky." (Buffy in "What’s My Line?"(Part I) [pdf])

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Sunday, 1. September 2002
Joss Whedon

Seit einiger Zeit verfolge ich Joss Whedons Aktivitäten rund um sein Entertainment-Universum. Die TV-Serien "Buffy the Vampire Slayer" und "Angel" - erstere mehr als die zweite - vermögen mich bis zu einem gewissen Grad zu faszinieren. Zweifellos haben sie ihren Anteil an gröberen Albernheiten (allein schon die Titel!), weshalb man sie nicht völlig ernstnehmen kann*. Die Pop-Intellektuellen vom "Salon Magazine" gehen diesem sicher auch altersbedingten Dilemma aus dem Weg, indem sie den übersinnlichen Klimbim von "Buffy" und "Angel" als Metaphern interpretieren, und meistens funktioniert dieser Zugang auch erstaunlich gut. Whedon selbst schafft durch parodistische Elemente immer wieder ironische Distanz zu potenziellen und tatsächlichen Bedenklichkeiten. Außerdem kann er amüsante "one liners"** schreiben, die oft nicht nur den jugendlichen Sprachgebrauch reflektieren, sondern ihn um Neologismen erweitern***.

Nun erweitert Whedon sein Repertoire um die Science Fiction Serie "Firefly". Im Whedonesque Weblog sind dazu zwei Links zu finden:
Ein umfangreiches Interview auf SciFi.com und ein Artikel über die Leiden eines Autors und Regisseurs, der drei Serien parallel betreut.

Zum Abschluß hier noch der Link zu Slayage - The On-Line International Journal of Buffy Studies. (David Lavery, einer der "Editors" dieser Seite hat auch ein Buch über "Twin Peaks" herausgegeben.)

* In Geoff's Buffy and Angel Comments (empfehlenswert) heißt es dazu:
"Amazingly, despite that daft title, it doesn't insult the intelligence of its viewers, and as a result can be enjoyed by people outside of its presumed target audience (late teens and early twenties). Of course, you have to suspend your disbelief to accept the show's supernatural rationale, but that's hardly unusual for this kind of TV." (Mit letzterem habe ich allerdings tatsächlich meine Probleme.)
** Z.B. "Whating a what" (aus "Buffy" Folge 7, Staffel 2 Script pdf 150kB; Quelle)
*** Aus einem Rolling Stone Artikel:
"For the first episode, I [Sarah Michelle Gellar, Darstellerin der "Buffy"] come in and yell, 'What's the sitch?' I did not know what 'sitch' meant. I still have to ask Joss, 'What does this mean?' because I don't speak the lingo. I think he makes it up have the time."
"The slang? I make it all up," says Whedon cheerfully.

Artikel zum "Slayer Slang" in Verbatim:
Part 1/pdf Part 2 (html Part 2)

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Tuesday, 27. August 2002
Orthographie und Politik

Bisher nur angelesen, scheint sehr interessant zu sein: Heide Kuhlmanns Orthographie und Politik. Zur Genese eines irrationalen Diskurses.

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Hans Glinz: "Grammatiken im Vergleich"

" [...] Was soll man indessen über ein Werk von nahezu 1000 Seiten sagen, über das freudige Erstaunen hinaus, das die durch treffliche Beispiele aus den vier westeuropäischen Gymnasialschulsprachen aufgelockerte Lektüre begleitet. Zunächst, dass der Ausgangspunkt wie schon früher bei Glinz zum Genfer Linguisten Ferdinand de Saussure zurückführt, zu dessen «Cours de linguistique générale» von 1916, den Glinz im übrigen im Deutschland der Nachkriegszeit recht eigentlich bekannt gemacht hat."
[Mehr - (unvollständige) NZZ Rezension bei Amazon]

Die fünf Wortarten nach Hans Glinz Quelle 1/Quelle 2 (aus Karl Heinz Wagners [Homepage/Lehrveranstaltungen] Materialien zur Einführung in die Sprachwissenschaft

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Tuesday, 20. August 2002
"Blinded By The Right"

Man tut dem Journalisten David Brock sicher nicht unrecht, wenn man ihn als "right-wing hack" bezeichnet. Jedenfalls war er ein wichtiger Teil einer medialen Kampagne, die sich gegen die afro-amerikanische Juristin Anita Hill richtete. Hill hatte dem für den Obersten Gerichtshof nominierten konservativen Clarence Thomas "sexual harrassment" und Meineid vorgeworfen. Wie Brock nun in seiner vor ein paar Monaten erschienen Autobiographie/Konfession "Blinded By the Right: The Conscience of an Ex-Conservative" zugibt, bestanden seine bis zur Buchform ("The Real Anita Hill") ausgewälzten Attacken größtenteils aus dreisten Lügen. Finanziert wurde diese "character assassination" von einem Netzwerk rechter Gönner, die ihre Meinungen innerhalb der Medien für marginalisiert hielten. Das Unternehmen erwies sich als erfolgreich - Hill war diskreditiert, Thomas wurde gewählt, ist noch heute im Amt und damit auch mitverantwortlich für die Bestätigung des Wahlsiegs von George W. Bush.

Eine kurze Einführung in die Vorgänge bietet die SZ
[Google Cache]
Rezensionen in der New York Review of Books von Blinded By the Right und The Real Anita Hill.
3sat Lesezeit (In der "Kulturzeit" vom 19.8. wurde Brock interviewt.)

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Polymath

In letzter Zeit habe ich eine etwas naive Begeisterung für umfassendst gebildete Menschen entwickelt. Wenn ich z.B. höre, daß der Afrikaforscher Heinrich Barth [Zeittafel/Biographie/HB am Ufer des Niger] 54 Sprachen beherrscht hat, finde ich das begeisternd. Allerdings reagieren weniger beeindruckbare Leute als ich bei dieser Zahl schon mal mit Spott...

James Murray [Editors of the OED/Traces of J.M. in the OED], der Herausgeber des Oxford English Dictionary, erfüllt ebenfalls mein Bedürfnis nach Gelehrtenidolatrie. Hier ein Ausschnitt aus Simon Winchesters recht bekanntem - wenn auch meiner Meinung nach nicht unbedingt optimal gelungenem - Buch "The Surgeon of Crowthorne"(engl. Titel)/"The Professor and the Madman"(amerikan. Titel). James Murray bewirbt sich im Alter von 29 Jahren (1867) beim Britischen Museum:

"Ich muß sagen, daß die Philologie mein ganzes Leben lang mein Lieblingsthema gewesen ist und daß ich eine allgemeine Vertrautheit mit den Sprachen & Literaturen der arischen und syr-arabischen Klassen besitze - was nicht heißen soll, daß mir alle oder fast alle davon geläufig sin, aber daß ich jenes allgemeine lexikalische und grammatikalische Wissen, mit dem die genauere Kenntnis nur eine Frage von ein wenig Fleiß ist. Mit einigen bin ich etwas vertrauter, wie beispielsweise mit den romanischen Sprachen Italienisch, Französisch, Katalanisch, Spanisch, Lateinisch & in geringerem Maße mit dem Portugiesischen, Waadtländischen, Provenzalischen und diversen Dialekten. Im germanischen Zweig bin ich einigermaßen vertraut mit dem Niederländischen (an meiner Arbeitsstätte muß ich Schriftverkehr auf holländisch, deutsch, französisch & gelegentlich in anderen Sprachen lesen), Flämischen, Deutschen, Dänischen. Mit dem Angelsächischen und dem Mittelgotischen habe ich ich viel eingehender befaßt. Ich weiß ein bißchen über das Keltische und beschäftige mich zur Zeit mit den slawischen Sprachen, praktische Kenntnisse des Russichen habe ich mir bereits angeeignet. Das Persische, die Achämenische Keilschrift & Sanskrit kenne ich im Rahmen der vergleichenden Literatur- und Sprachwissenschaft. Mit dem Hebräischen und Syrischen bin ich so weit vertraut. daß ich das Alte Testament und die Peschitta vom Blatt lesen kann; in geringerem Maße beherrsche ich Aramäisch, Arabisch, Koptisch und Phönizisch, soweit es bei Genesios vorkommt."

Außerdem beschäftigte sich Murray intensiv mit Geographie, Geologie, Botanik, Geschichte, Astronomie und Archäologie. Seine Bewerbung wurde übrigens abgelehnt. Doch "[s]chon bald tröstete er sich auf bewährte Art und Weise - mit einem lexikalischen Vergleich der Zahlensysteme, die die Wowenoc-Indianer im amerikanischen Maine und die Heidelandbauern in Yorkshire beim Schafezählen verwenden." (S. Winchester)

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Friday, 16. August 2002
Marxismus 1 + 2

1) Frank Zappa-Biograph Ben Watson schreibt witzig über einen (nicht gerade spektakulären - Photos beachten *g*) Protest gegen den Komponisten Michael Nyman:

"On Friday night, 17 May 2002, Militant Esthetix organised a picket of Michael Nyman at the Royal Festival Hall, London, complaining about his innumerable crimes against music and the historical muddle and faux gravitas of his dire staging of David King's wonderful book The Commissar Vanishes. In the interests of reducing all cultural experience to the format of TV, Nyman had Christopher Kondek (claim to fame, work with Laurie Anderson) make a video of the images in King's book. Nyman not only had the gall to run his abysmal excuse for contemporary multi-media art at the Barbican in December 1999 (panned in Socialist Review no 237, January 2000), he was now presenting it again, coupled with a showing of Dziga Vertov's Man With A Movie Camera ruined by adding a live soundtrack. SOMETHING HAD TO BE DONE!!!"
[Mehr]

Esther Leslies und Ben Watsons Homepage:
[Militant Estethix]

2) Ein, ähm, pointierter Artikel über Noam Chomsky And His Critics. Obwohl ja kein Zweifel besteht, daß es eine "ruling class" und die dazugehörigen "pundits" gibt, kann ich mir die marxistische Rhetorik* doch nicht richtig zu eigen machen.

*Inkl. pathetisch-martialischer Metaphern. So heißt da:

"It is simple to understand why Chomsky has been targeted. As the most visible and respected figure in the radical movement, he is a tempting target. When one is involved in a street fight, it is good psychology to knock out your biggest and most powerful opponent and thus demoralize the ranks of the enemy."

Andererseits ist in den USA der Konformitätsdruck bezüglich des "War On Terror" sicher nicht gerade klein.

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Monday, 12. August 2002
Wunsch

Dietmar Dath (erstaunlich vielfältige Interessen; besonderes Steckenpferd: Mathematik; Neigung zu Theweleitesken Endlos-Assoziationsrollen) sollte so bald als möglich ein Buch mit seinen FAZ Texten machen. Allein im letzten Monat von ihm erschienen:
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10.08.02 Feuilleton Literatur
Was ist was?
Conferencier des Alls: Erwin Schrödinger im Vortrag/Der auf mehr oder weniger nachvollziehbaren Schleichpfaden aus der Philosophie importierte, manchmal schon ein bißchen verrannte Glaube an allerlei ...
556 Worte

09.08.02 Feuilleton POLYNOMIALE GÖTTER: FINDIGE INDER UND IHRE PRIMZAHLEN/Rucksacktouristen werden ihn nie finden: Im Innersten der indischen Provinz Karnataka steht ein Tempel der Göttin der Morgenröte, Uschas, dessen ...
500 Worte

07.08.02 Feuilleton HARLAN ELLISON
Präzisionspolemiker/Leute, die einen argumentativen, literarischen oder juristischen Zusammenprall mit ihm - zumindest physisch, wenn schon nicht moralisch - überlebt ...
480 Worte

05.08.02 Feuilleton ALYSON HANNIGAN
Die beste brave Böse/Echte Stars in Film und Fernsehen erkennt man an einzelnen Szenen, wie man echte Sommer an Melonengeschmack, Baßdröhnen aus tragbaren Stereogeräten, ...
469 Worte

03.08.02 Schallplatten und Phono
Mit Musik geht es nicht besser.Man muß auch können vor Singen/In einer süddeutschen Kleinstadt, deren Lokalblättchen das Sommerloch am liebsten mit vergnüglichen Brandstiftergeschichten über in Flammen ...
576 Worte

03.08.02 Feuilleton Nächtlicher Chor der Fische im Bockszimmer. Zum zweihundertsten Geburtstag des Mathematikers Niels Henrik Abel/Die letzte März- und die erste Aprilwoche des Jahres 1829 bringen dem Müden Ruhe, viel zu spät. Er hat die Ruhe nicht gewollt, aber er kann ...
2151 Worte

02.08.02 Feuilleton Begrabene Hunde wecken.
"Scooby-Doo" ist ein Film über etwas, das man vergessen kann/Daß die Zeichentrickserien-Realfilm-Adaption "Scooby-Doo" als die geschickte, süße und freundliche Sommerkomödie nicht reüssieren kann, die ...
421 Worte

17.07.02 Feuilleton Gebt mir was, das man singen kann
Die Musicalfolge der Fernsehserie "Buffy" bekommt keinen Emmy: Warum Amerika das Land popkritischer Banausen ist/Xander Harris (Nicholas Brendon) ist entsetzt. Der fleißige Schreiner, seit neuestem Verlobter einer ehemaligen Rachedämonin (Emma Caulfield) ...
877 Worte

16.07.02 Feuilleton POPPY Z. BRITE
Was eine gescheite Dekadenz ist, das mißt, wenn es sich denn trotz angeborener Großkatzenträgheit dazu aufraffen kann, mal von sich zu erzählen, ...
452 Worte

15.07.02 Feuilleton Die große Idee im offenen Hemdkragen
David Bowies einziges Deutschlandkonzert in Köln: Ein Triumph/Ideen sind Menschen, lehrte der Dichter Wallace Stevens. Das stimmt vor allem in der Popkunst, wo Ideen häufig betteln: "Einmal nur will ich ...
669 Worte
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Dath hat also in dreißig Tagen etwa 7000 Worte rausgehauen.

Hier ein paar weitere Artikel von ihm aus der FAZ:
Zum achtzigsten Geburtstag von Stanislaw Lem
Die Fantasy-Literatur im zwanzigsten Jahrhundert
Beginnt das Jahrhundert des Photons?
Interview mit Ron Howard
Herr Wells, hier wird kein Buch geschrieben
Trauriger Archivar (über Brian Aldiss)
Wem gehört Pythagoras? - Die Byte-Bibliothek von Babel. [pdf/html]
Newton, Einstein, Wolfram? [pdf/html]

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Friday, 9. August 2002
Lester Bangs und Nick Kent

Bereits im April erschienen, aber erst jetzt gelesen: Nick Kent zum 20. Todestag von Lester Bangs, der, soviel wird durch den schönen Artikel im Guardian wieder deutlich, kein glückliches Leben geführt hat. Das und anderes macht ihn sympathisch, allerdings glaube ich nicht, daß mir Bangs ästhetische Vorlieben besonders nahe sind.

Zitat:
"[...] I would rather write like a dancer than write for the man cloistered in a closet somewhere re-reading Aeschylus while this stupefying world careens crazily past his waxy windows towards one last raving feedback pirouette."

Da schwingt doch viel von der Haltung eines "Dichter-Propheten" mit, der anderen die Welthaltigkeit und Relevanz abspricht. Passend, daß viele Pop-Leute ganz vernarrt in die Romantik und die Beat-Bewegung sind.

In Nick Kents Essay Sammlung "The Dark Stuff" habe ich vor einigen Tagen wieder hineingelesen, die wirklich, wie Iggy Pop in seinem kurzen Vorwort schreibt, "nasty" ist, allerdings auch - zumindestens streckenweise - faszinierend. Daß er sich den Objekten seiner Reportagen nicht unbedingt diskret nähert, kann man ihm doch irgendwie verzeihen, schließlich sind dies kanonisierte Rockmusiker (keine Frauen) der mittleren und älteren Generation. Vieles was Kent schreibt, hat sardonischen Humor, z.B. über Mick Jaggers oft verspottete sogenannte "Verwandlungsfähigkeit":

"He [Jagger] had this other peculiar habit of adopting the dialect and accent of anyone he was talking to, just as he was talking to them. On one occasion I found myself in a room with him, a white guy from the American South, a black guy from Los Angeles and someone from the North of England; and everyone stood quietly aghast as the singer's voice weaved a reckless path away from his usual faux Cockney intonations to attempt a >y'all< drenched drawl straight out of a particularly arch Tennessee Williams production before slipping into 'soul brother' black speak somewhat in the over-exited cadence of Little Richard. When he finally started to talk like a Manchester bus conductor, everyone in the room looked utterly mystified because the whole performance was frankly ridiculous to begin with and you couldn't really tell if Jagger consciously realized he was even doing it or not."

Ein paar Seiten weiter heißt es:

"As for Jagger...well, anyone who's ever known him will tell you what an interesting bunch of guys Mick Jagger can be. During that tour I'd seen him turn into the leering hedonist, the repellent aristocrat, the working class 'oik' with a social edge, the concerned family man, the lifeand soul of the party, the 'don't approach me' primadonna, the narcissistic old queen, the ruthless business man, the loving husband, the rapacious adulterer. There was really no limits to the masks he's don. Yet in his ceaseless quest always to stay one step ahead of everyone else he'd somehow lost contact with his own humanity, or at least some interconnecting essence that threw all the mystifying contrasts into some sympathetic relief."

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Thursday, 8. August 2002
The Unofficial Wire Audio Companion

http://thewire.kargatron.net/

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Wednesday, 7. August 2002
The True Story of the Merzbow Car

"The Story of the Merzbow CD packaged in a car has spread itself across the globe. Alot of rumors have circulated and the truth has been hard to come by."
[Mehr]

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Apropos John Zorn...

hier ein kurzer Text, den er für die Criterion DVD von Seijun Suzukis* "Branded To Kill" geschrieben hat.
[Gefunden über die empfehlenswerte Zorn Mailingliste. Hier unterhalten sich wirkliche Kenner, wie etwa der Journalist und Super-Musikenthusiast Steve Smith. Selbst für Leute, die Zorn nicht mögen, dürfte sie interessant sein. Das Themenspektrum der Liste reicht weit über ihren Namensgeber hinaus: Von ProgRock, Noise, Death Metal bis hin zu Neuer Musik - was sich jetzt allerdings doch wieder sehr nach dem für seine stilistische Promiskuität berüchtigten Zorn anhört.]

*Die drei ersten Google Treffer zu Seijun Suzuki:
Senses of Cinema
Interview auf der "Midnight Eye" Seite
Tribute Site

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Tuesday, 6. August 2002
"Wie stelle ich mir meine zukünftige Berufstätigkeit vor?"

"Ich stelle mir vor, im Rahmen einer gut aufeinander eingespielten Gruppe, in rascher Folge billige Filme machen zu können, womöglich in eigener Produktion, um mir eine weitgehende Realisationsmöglicgkeit meiner Ideen zu schaffen. Ich wünsche mir außerdem ein umfassendes Verständnis auch der technischen Probleme des Films, da ich es für wesentlich halte, als Regisseur jede Phase einer Produktion im Griff zu haben oder doch überblicken zu können. Beim Fernsehen interessieren mich vor allem die Möglichkeiten des Fernsehfilms, dessen Grundlage nicht Stücke füs Theater sind, sondern eigens für die Möglichkeiten des Fernsehens geschriebene Texte. Gerade hier bin ich für ein Einfließenlassen von Tagesaktualität und daher für schnelle und billige Produktion."

(R.W. Fassbinder Manuskript von 1966/67. Veröffentlicht in: Rainer Werner Fassbinder: Filme befreien den Kopf. Herausgegeben von Michael Töteberg. Frankfurt/M. 1984)

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Friday, 2. August 2002
John Zorn Interview

Amikables Gespräch zwischen dem Maler Michael Goldberg [Beispiele für seine Arbeit] und John Zorn, das an ein, zwei Stellen seltsam wird. Z.B.:

mg I was 17 when I went into the service, I needed my parents' permission. And I went into paratrooper training after basic training, down in Fort Benning. One night this guy from Oklahoma, a big guy who had "King of the Ozarks" shaved into his hair, says to me–this from behind–"Here's our New York Jew!" and lifted me into the air by the elbows as I came out of the shower, with a towel around my waist–wearing clogs. So that night, we slept in double-decker bunks; he was in the upper bunk, and I took a brick and broke both his kneecaps.
jz (laughter)
mg Then they put him in the hospital. I went into the hospital and gave him a concussion with another brick. So that was my reaction to anti-Semitism.
jz That's a good, honest reaction.
mg Precise, it was precise.

Hier eine nette Passage:

jz [...] People come to my house and it's like, where's the furniture? I don't have any furniture. If you want to sit, you sit on the floor. It's a small place, covered wall-to-wall with books, CDs, records, movies, everywhere, and that's it. They freak out–what's going on here? I can't figure this out. There's no kitchen, there's no place to welcome a visitor. I say, "This is where I live."
mg No kitchen in your place? How come?
jz I needed room for books! So I got rid of the kitchen.

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Wednesday, 31. July 2002
"Jaja, die Politik"

Mieze zu Franz Biberkopf: "Franz, mach doch keene Politik mehr!"

Herbert später zu Franz: "Jaja, die Politik. Mein Gott, wenn Du das nicht lassen kannst...Das ist nicht so schlimm wie das Saufen."

(R.W. Fassbinder: Berlin Alexanderplatz Teil 10)

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Thursday, 25. July 2002
Zitat R.W. Fassbinder

"Der Film ist wie ein Rechteck Leben. Hier wie da gebe es Grenzen. Aber ich glaube der Film ist ehrlicher, denn er gibt zu, dass er begrenzter Raum ist. Das Leben gibt vor, mehr Möglichkeiten zu bieten. Deshalb ist es eine größere Lüge als der Film."

(Michael Töteberg "Rainer Werner Fassbinder" Reinbek 2002, S.15 zitiert nach Ellen Oumano "Filmemacher bei der Arbeit" Frankfurt a.M. 1989, S.106)

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Tuesday, 23. July 2002
Henry Darger

Auf Henry Darger wurde ich durch Amazon Rezensent Darragh O'Donoghue aufmerksam, der an einer Stelle schreibt:

"My dream is to read the entire 17 volumes, 19000 pages of Henry Darger's 'In the realm of the unreal', four pages of which I was privileged, thrilled + slightly scared to see at the Irish Museum of Modern Art."

Ich muß gestehen, daß ich Superlative in der Kunst sehr schätze; bei diesen Zahlen wurde ich neugierig und habe recherchiert.
Henry Darger (1892-1973) muß ein extrem zurückgezogener Mensch und, je nach Bezugssystem, etwas oder reichlich seltsam gewesen sein. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich als Hausmeister und Tellerwäscher. Erst nachdem er gestorben war, entdeckte Dargers Vermieter, daß seine Wohnung bis zum Bersten mit beschriebenem und bemaltem Papier gefüllt war. Genau dieser Nachlaß beschäftigt nun seit einigen Jahrzehnten Spezialisten der sogenannten "Outsider Art".
Mit "In the Realm of the Unreal" oder genauer: "The Story of the Vivian Girls, in What Is Known as the Realms of the Unreal, of the Glandeco-Angelinian War Storm Caused by the Child Slave Rebellion" scheint etwas extrem Persönliches geschaffen zu haben, das sicher mehr als nur Spurenelemente des Pathologischen hat, und dessen barock-ausgreifender Titel nicht wenig vom Inhalt verrät.

Im Salon Magazine wird nun die Darger Biographie von John MacGregor (Aufsatz: THOUGHTS ON THE QUESTION: WHY DARGER?) besprochen.
Bereits im April hatte die "Village Voice" eine Rezension und ein MacGregor Portrait.
Hier noch die Darger Links [Google Cache dieser Seite].

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Saturday, 20. July 2002
Bergman, polemisch

Ingmar Bergman hat schlechte Laune und gibt ein Interview, in dem er sich zu anderen Regisseuren teilweise wenig freundlich äußert.

"About Jean-Luc Godard:
Bergman: I've never gotten anything out of his movies. They have felt constructed, faux intellectual and completely dead. Cinematographically uninteresting and infinitely boring. Godard is a fucking bore. He's made his films for the critics. One of the movies, Masculin/Féminin, was shot here in Sweden. It was mindnumbingly boring."

Passenderweise gefällt dem Gottsucher Bergman Tarkowskijs "Andrej Rublow" wesentlich besser ;-)
Das Originalinterview im Sydsvenska Dagbladet konnte ich übrigens nicht finden.

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Fassbinders "Berlin Alexanderplatz"

Dringende Empfehlung: Ab diesem Sonntag (21.7., 1:05)strahlt ARTE Fassbinders Döblin-Verfilmung "Berlin Alexanderplatz" aus. [Google Cache einer Seite des Goethe Instituts]
Über die Einordnung dieses - zumindenstens quantitativen - opus magnum (15 Stunden!) innerhalb des Fassbinderschen Ouevres ist sich die Kritik uneins, z.B. spricht Wilhelm Roth von "ein(em) großen Entwurf", der "aber nicht in allen Teilen ein großer Wurf" sei. Michael Töteberg hingegen bezeichnet "Berlin Alexanderplatz" als "Meisterwerk".

Hier einige Passagen aus Tötebergs Fassbinder Monographie, erschienen bei rororo:

"Ursprünglich waren zwei Projekte parallel geplant: eine Fernsehserie, die das Publikum vor dem Bildschirm mit Döblins Roman vertraut machen sollte, und ein Kinfilm der weit radikaler und experimenteller im Zugriff auf den Stoff sein sollte. Fassbinder vertrat die Ansicht, dass man dem Kinozuschauer mehr zumuten könne, weil der Film unmittelbar übers Unterbewusstsein wirkt: Wenn das Licht ausgeht im Kino, dann ist das, wie wenn der Traum anfängt. Der Kinofilm sollte nicht aus dem Material der Fernsehserie montiert werden, sondern als eigenständiger Film mit anderer Besetzung, nur eben in denselben Kulissen realisiert werden. Der ehrgeizige Plan ließ sich jedoch nicht verwirklichen - schon die Fernsehserie in 13 Folgen und einem Epilog, Sendelänge über 15 Stunden, war ein kaum zu bewältigender Kraftakt. Um das Drehbuch termingerecht fertig stellen zu können, hatte sich Fassbinder einen speziellen Arbeitsrhythmus angewöhnt: Ich habe immer vier Tage durchgearbeitet, habe dann 24 Stunden geschlafen, wieder vier Tage drchgearbeitet. Er gestand jedoch: Eine gesunde Art des Schreibens ist das sicher nicht. [...] Mit 13 Millionen DM Budget war Berlin Alexanderplatz eines der aufwendigsten TV-Projekte in Deutschland. Ein Großprojekt: 97 Rollen, 6000 Komparsen, 60 Teammitglieder. Für die fast 3000 Einstellungen waren 193 Drehtage vorgesehen - Faßbinder machte seinem Ruf alle Ehre und kam am Ende mit 154 Tagen aus. Mit einer Unterbrechung drehte man fast 10 Monate: eine intensive Arbeit, die an den Nerven aller Beteiligten zerrte."

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Thursday, 18. July 2002
"Performance"

Dank ARTE konnte ich Nicholas Roegs/Donald Cammells "Performance", den ich (sträflicherweise) bisher nicht gekannt habe, das erste Mal sehen und bin beeindruckt. Vor allem die erste Dreiviertelstunde ist großartig und man kann hier mit gutem Recht das Adjektiv "beschleunigt" verwenden: Wackelige Handkamera, Jumpcuts, assoziative Montage...so ziemlich jedes Stilmittel der avancierten Kinematographie kommt vor und gerät doch nie - oder sollte man ganz streng sein, zumindestens fast nie - zum Selbstzweck. (Dabei muß ich gestehen, daß ich eigentlich selten an, wie man das so nennt, "formalistischen Spielereien" etwas auszusetzen habe.)
Die zweite Hälfte des Films ist in dieser Hinsicht etwas weniger furios, die Kamera beruhigt sich merklich. Trotzdem gibt es einige frappierende Bilder zu bewundern und die visuellen Leitmotive (Spiegel!) werden dicht verarbeitet.

Biographischer Essay über Nicholas Roeg bei "Senses of Cinema".
(Wobei mir "cocky" als Charakterisierung von Chas, der "Performance"-Hauptfigur euphemistisch vorkommt. Der Mann ist definitiv ein gefährlicher Sadist.)
Von dort führt eine Linkliste u.a. nach "Splatting Image", wo man Marcus Stigleggers brauchbaren Überblick auf Roegs in den letzten fünfzehn Jahren qualitativ eher durchwachsene Karriere finden kann.
Ebenfalls bei "SoC": Ein Artikel über "Performance".
In der Reihe "BFI Film Classics" gibt es einen Band zu "Performance". Hier dazu eine Rezension.
Eine flapsige Rezension ("mindfuck", "underground pyrotechnics and Euro-art pretensions") von J. Hoberman in der "Village Voice".

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