Just Another Ant
Saturday, 20. July 2002
Fassbinders "Berlin Alexanderplatz"

Dringende Empfehlung: Ab diesem Sonntag (21.7., 1:05)strahlt ARTE Fassbinders Döblin-Verfilmung "Berlin Alexanderplatz" aus. [Google Cache einer Seite des Goethe Instituts]
Über die Einordnung dieses - zumindenstens quantitativen - opus magnum (15 Stunden!) innerhalb des Fassbinderschen Ouevres ist sich die Kritik uneins, z.B. spricht Wilhelm Roth von "ein(em) großen Entwurf", der "aber nicht in allen Teilen ein großer Wurf" sei. Michael Töteberg hingegen bezeichnet "Berlin Alexanderplatz" als "Meisterwerk".

Hier einige Passagen aus Tötebergs Fassbinder Monographie, erschienen bei rororo:

"Ursprünglich waren zwei Projekte parallel geplant: eine Fernsehserie, die das Publikum vor dem Bildschirm mit Döblins Roman vertraut machen sollte, und ein Kinfilm der weit radikaler und experimenteller im Zugriff auf den Stoff sein sollte. Fassbinder vertrat die Ansicht, dass man dem Kinozuschauer mehr zumuten könne, weil der Film unmittelbar übers Unterbewusstsein wirkt: Wenn das Licht ausgeht im Kino, dann ist das, wie wenn der Traum anfängt. Der Kinofilm sollte nicht aus dem Material der Fernsehserie montiert werden, sondern als eigenständiger Film mit anderer Besetzung, nur eben in denselben Kulissen realisiert werden. Der ehrgeizige Plan ließ sich jedoch nicht verwirklichen - schon die Fernsehserie in 13 Folgen und einem Epilog, Sendelänge über 15 Stunden, war ein kaum zu bewältigender Kraftakt. Um das Drehbuch termingerecht fertig stellen zu können, hatte sich Fassbinder einen speziellen Arbeitsrhythmus angewöhnt: Ich habe immer vier Tage durchgearbeitet, habe dann 24 Stunden geschlafen, wieder vier Tage drchgearbeitet. Er gestand jedoch: Eine gesunde Art des Schreibens ist das sicher nicht. [...] Mit 13 Millionen DM Budget war Berlin Alexanderplatz eines der aufwendigsten TV-Projekte in Deutschland. Ein Großprojekt: 97 Rollen, 6000 Komparsen, 60 Teammitglieder. Für die fast 3000 Einstellungen waren 193 Drehtage vorgesehen - Faßbinder machte seinem Ruf alle Ehre und kam am Ende mit 154 Tagen aus. Mit einer Unterbrechung drehte man fast 10 Monate: eine intensive Arbeit, die an den Nerven aller Beteiligten zerrte."

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